Zitat:
[...] ICH BIN FÜR MEINEN MANN NICHT ERREICHBAR! [...]
Wo liegt da das Problem? Zugegeben- mein erster Impuls ist zu bemerken, dass BPS Probleme verursacht, die therapeutische Hilfe verlangen. Wenn ich so etwas habe, gehe ich damit also zum Therapeuten und nicht zu meiner Frau und wenn Dein Mann sich dementsprechend verhalten würde, könnten Du und Deine Tochter einen entspannteren Alltag erleben, trotzdem Dein Mann an einer Persönlichkeitsstörung leidet.
Zweiter Impuls ist die Frage: was wird er ungefähr anstellen? Besteht Handlungsbedarf? Es gibt einen Punkt, da bleibe ich nicht mehr gelassen und wenn der Betroffene eine Gefahr für sich und/oder andere darstellt und ich ihm nicht helfen kann, sorge ich eben dafür, dass er jemandem begegnet, der dafür ausgebildet ist. Dafür gibt es zunächst den Sozialpsychiatrischen Dienst oder im Notfall, die Notaufnahmen von Krankenhäusern mit psychiatrischer Ambulanz.
Wenn Du Dir solche Sorgen machst, ist natürlich noch immer die Frage relevant, ob Dein Mann sich inzwischen einer Diagnose ausgesetzt hat. Das ist wirklich wichtig, nicht jede Neurose oder Psychose ist gleich BPS. Wenn nichtmal feststeht, was Dein Mann für ein Problem hat, kann ihm nur unzureichend geholfen werden.
Für mich ist Ehrlichkeit in den letzten Monaten wirklich wichtig gewesen und auch, wenn es nicht schön ist, habe ich versucht mit meiner Freundin offen umzugehen und nicht gleich in Panik zu geraten, wenn eine Wunde dazugekommen ist, aber klare eigene Positionen zu finden und Konsequent zu vertreten. Sie ist nicht verblödet, bloss weil sie an BPS leidet und ich kann eine redliche intellektuelle Auseinandersetzung erwarten.
Trotzdem bin ich rein technisch gesehen hilflos und das muss ich erstmal aushalten, wenn ich mit diesem Menschen etwas zu tun haben möchte. Ich stelle mir ehrlich gesagt gerne vor, was wir in Zukunft, wenn sie vielleicht besser mit dem Druck und den Zwängen umgehen kann, für eine erfüllende Freundschaft haben könnten. Ich weiss, was ich an ihr mag und mache mir gerne bewusst, dass ich ihren lebendigen Geist liebe und ihre Zartheit. Es ist eine gute Sache zu wissen, warum ich an diesem Menschen hänge.
Wenn ich das nicht wüsste, würde es nicht unwahrscheinlich sein, dass ich das Gefühl genieße für jemand anderen verantwortlich zu sein. Wichtig zu sein. Ich wäre der Illusion erlegen, dass da jemand von mit abhängig ist. Eine solche Struktur ist exakt die gefürchtete und unterschätzte Ko-Abhängigkeit und leider ist die Annahme, dass man das Leben und die Persönlichkeit eines anderen Menschen ersatzweise zur Selbstbefriedigung ausbeuten kann, an sich defekt. Es hilft weder dem einen, noch dem anderen Teil einer solchen Beziehung.
Die Therapie ist einfach, bewusste Zurückhaltung und die nötige Hilfe für den Patienten möglichst zu delegieren. Es gibt sehr gute Einrichtungen, die Deinem Mann helfen können. Ich würde sagen, wenn er leidet, seine Situation also als unangenehm empfindet, dann sollte er ebenfalls den entsprechenden Leidensdruck, das Bedürfnis nach Linderung verspüren. Wenn Du ihm nicht hilfst, weil es Dir am erforderlichen Know-How und der ebenfalls nötigen Distanz mangelt, ist das nicht schlimm, denn die gibt es anderswo effizienter.
Es ist leider ungewiss, ob meine Freundin ihre DBT nutzen kann. Ich weiss, es könnte auch schiefgehen. So ist es nunmal. Meine Meinung ist: ohne therapeutische Hilfe ist diese Störung nur schwer zu bewältigen und Angehörigen und Freunde, die eine vertiefte Beziehung zum Gestörten unterhalten, brauchen ein stabiles soziales Umfeld oder unter Umständen sogar ein vernünftiges Maß an Supervision.
OK, spatzenfun, dass war ja mal wieder ein ziemlicher Erguss. Ich hoffe, die losen Gedanken bringen ausser mir, auch anderen etwas.
Ich wünsche Dir, Deinem Mann und Deiner Tochter jedenfalls alles Gute und hoffe ihr beiden genießt Eure drei Tage so unbeschwert wie möglich.